Globus

(fast) alles geld der welt

zeig mir, womit du bezahlst, und ich sage dir, wer du bist: numismatik ist nicht nur geld-, sondern auch kulturgeschichte.

Rund 44.000 numismatische Objekte gehören zur Sammlung des Landesmuseums Hannover. Neben Münzen und Medaillen aus Gold, Silber, Kupfer und Bronze lagern Rechenpfennige, Tokens – metallene Marken mit Geldwert, Geldscheine, Galvano-Repliken sowie außereuropäische Zahlungsmittel im Tresor. Den inhaltlichen Kern und roten Faden der Sammlung bildet die Geschichte des Hochadelsgeschlechts der Welfen. Als Folge liegt der historische und geografische Schwerpunkt auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsens und bedingt durch die Personalunion mit Hannover auf Großbritannien einschließlich seiner Kolonien.

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beispiele aus der sammlung

Pfaffenfeindtaler aus dem Hochstift Halberstadt unter Christian dem Jüngeren, 1622; Inv.-Nr. 02:022:019

Der Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Christian der Jüngere, war während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) im Zeitraum von 1616 bis 1623 evangelischer Verwalter des Hochstifts Halberstadt. Obwohl er als jüngerer Sohn kein Münzrecht besaß und das halberstädtische Münzrecht bei der Stadt lag, konnte Christian aufgrund des Kriegsrechts die Pfaffenfeindtaler 1622 prägen lassen. Dieser Taler, der auch »Gottesfreundtaler« genannt wird, wurde aus dem Metall der Plünderungen in Westfalen und des Paderborner Domschatzes geprägt.  Der spezielle Name des Talers erschließt sich aus der Inschrift auf der Vorderseite der Münze GOTTES FREVNDT DER PFAFFEN FEINDT. Auf der Rückseite ist die Hand Gottes mit einem aufgespießten Priesterbarett in einer Drohgebärde gegen die katholische Kirche gerichtet. Dieses Bild wird von dem Motto TOUT AVEC DIEV (= »Alles mit Gott«) umrahmt. Bild und Legende verweisen auf Christians Leistung. Der Taler wurde im 17. Jahrhundert aufgrund seiner großen Fläche vielfach für Propagandazwecke eingesetzt.

Objekttyp: Münze; Nominal: Pfaffentaler; Münzstand: Hochstift Halberstadt; Prägestätte: Lippstadt?; Datierung: 1622; Material: Silber; Maße: 43,5-44 mm; Gewicht: 27,135 g

Medaille anlässlich des Regierungsantritts Georg I. als König von England 1714, Inv.-Nr. 06:003:002

Durch die Personalunion mit Großbritannien wurde das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg zu einem der mächtigsten im Heiligen Römischen Reich. Dieses historische Ereignis wurde in unzähligen Medaillen Georg I. zelebriert. Sie zeigen auf der Vorderseite stets das geharnischte Bildnis des Königs. Die Legende GEORGIUS D G MAG BRIT FR ET HIB REX verkündet seinen neuen Titel »Georg von Gottes Gnaden König von Großbritannien, Frankreich und Irland«. Die Rückseiten zeigen unterschiedliche Szenen zu seiner Ankunft in England, seiner Krönung und seinem Amtsantritt. Diese Medaille anlässlich seines Regierungsantritts stellt ihn auf der Rückseite mit Schrift PRINC OPT RELIGIONES ET LIBERTATIS CUSTODI und Bild als Beschützer des Glaubens, Oberhaupt der anglikanischen Kirche und der in der Verfassung verankerten Freiheit dar. Auf der linken Seite führt ihn Religio, in der Mitte bekränzt ihn Libertas und rechts erhält er von der knienden Britannia die königlichen Insignien Zepter und Krone. Neben ihr hält der Löwe das historische Wappen Großbritanniens.

Objekttyp: Medaille; Münzstand: Großbritannien und Staat Hannover: 1714; Material: Bronze; Maße: 67 mm; Gewicht: 145,09 g

Juliuslöser von Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, 1576, Inv.-Nr. 01:102:005

Löser sind Schaumünzen im mehrfachen Talergewicht. Sie gehören zu den größten Stücken der neuzeitlichen Münzgeschichte und dienten dem Repräsentationsbedürfnis der Herrscher. Der Juliuslöser gilt als Vorbild aller späteren Löserprägungen in Nordwestdeutschland. Der Name Julius bezieht sich auf Herzog Julius (1569-1589), der solche Stücke zum ersten Mal prägen ließ.

Auf der Vorderseite sind das Brustbild des Herzogs und die Jahreszahl 1576 von mehreren Tierkreis-, Planeten- und Schriftzeichen umgeben. Auf der Rückseite halten zwei »Wilde Männer« das Wappenschild. Sie sind umgeben von Planeten- und Tierkreiszeichen sowie Schriftzeichen, darunter auch der Spruch des Herzogs ALIIS INSERVIO(ENDE) CONSUM(OR) (»Im Dienste der anderen verzehre ich mich«). Die Schaumünze erhält zudem die irreführende Münzstättenangabe Heinrichstadt (heute Wolfenbüttel). Auf der Rückseite ist das 10-Talerstück zwei Mal mit der Ziffer 5 falsch punziert.

Objekttyp: Münze; Münzwert: Löser im Wert von 10 Talern; Münzstand: Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel; Prägestätte: Goslar; Datierung: 1576; Material: Silber; Maße: 71-73 mm; Gewicht: 290,475 g

Lügentaler des Herzogs Heinrich Julius, 1596, Inv.-Nr. 01:113:023

Der Lügentaler ist der zweite von den fünf emblematischen oder auch satirischen Talertypen, die der Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und Bischof von Halberstadt auf die Auseinandersetzungen mit seinem Adel in den Jahren 1596 und 1597 prägen ließ. Der Lügentaler widmet sich dem Rechtsstreit mit den Herren von Steinberg, von Stockheim und von Saldern. Auf der Vorderseite steht der Wildemann neben dem dreifach behelmten, neunfeldigen Wappen mit Halberstädter Mittelschild. Die symbolisch aufgeladene Rückseite stellt den Herzog als Löwen dar, der von einem Engel oder der Personifikation der Gerechtigkeit bekrönt wird. Dieser zerreißt einen Steinbock, der für die Herren von Steinberg steht, der gebrochene Ast symbolisiert die Herren von Stockheim, aus ihm wächst eine Rose, die das Wappen der Familie von Saldern ziert. Die beiden Umschriften ergänzen das Münzbild und kommunizieren, dass der Herzog gegen seine Widersacher gesiegt und deren Lügen entlarvt hat.

Objekttyp: Münze; Münzwert: Taler, Prägestätte: Goslar; Datierung 1596; Maße: 39,5-40 mm; Gewicht: 28,99 g

Gnadenpfennig von August II., Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Inv.-Nr. 01:127:096

Gnadenpfennige sind eine bestimmte Art von Medaillen des 16. und 17. Jahrhunderts, die meist eine ovale Form haben und das Bildnis des Fürsten zeigen. Sie wurden von Herrschern an Angehörige des Hofs, Verwandte oder hohe Beamte für besondere Verdienste und zu besonderen Anlässen verliehen. Die Geehrten trugen die Gnadenpfennige an Ketten um den Hals, um auf die Ehrung seitens des Herrschers hinzuweisen. Gnadenpfennige gelten als Vorläufer von Verdienstorden.

August der Jüngere verschenkte zahlreiche Gnadenpfennige mit seinem Bildnis als Gnadenbeweis. Damit seine Porträts realitätsnahe wurden, ließ er Stiche, Drucke und Gemälde als Vorlage nutzen. Fast jährlich ließ er sich Gnadenpfennige herstellen, die er vor allem bei Familienfesten verschenkte. Für die Taufe seine Sohnes Anton Ulrich ließ er zwölf Gnadenpfennige in Schmuckfassung herstellen. Einer davon ist dieses Exemplar mit barocker Zierrahmung und einer Perle. Die Edelsteine sind aus den Fassungen herausgebrochen. Auf der Rückseite ist der dreifach behelmte elffeldige Wappenschild Braunschweig, Lüneburg, Ebertsein, Ober-Diepholz, Homburg, Unter-Diepholz, Hoya, Lutterberg, Lohra, Neu-Bruchhausen, Alt-Bruchhausen abgebildet.

Objekttyp: Gnadenpfennig; Münzstand: Herzogtum von Braunschweig-Lüneburg, Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel; Datierung: 1633; Material: Gold; 41-37 mm; Gewicht: 17 g

gut zu wissen

ausstellungen

Große Teile unserer numismatischen Sammlung sind in unserer Dauerausstellung »KunstWelten« zu sehen. Außerdem wurden ausgewählte Highlights der Sammlung in den Sonderausstellungen »Nach Italien. Eine Reise in den Süden« (2022) und »Tempo. Tempo! Tempo? Eine Geschichte der Geschwindigkeit« (2023) gezeigt.

numismatik in hannover

Hannover bildet einen Hotspot für münz- und geldgeschichtliche Forschungen in Deutschland. In den hiesigen öffentlichen Sammlungen werden weit mehr als 150.000 Münzen und Medaillen sowie numismatische Objekte aufbewahrt. Hinzu kommen etwa 15.000 Fundmünzen aus ganz Niedersachsen. In der Initiative »Numismatik in Hannover« haben sich Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, des Historischen Museums Hannover und des Museums August Kestner zusammengeschlossen. Ziele sind der fachliche Austausch und die Information über numismatische Themen.

kenom

Große Teile unserer und vieler weiterer numismatischen Sammlungen sind über das virtuelle Münzkabinett »kenom« zugänglich.

publikationen

Eine Liste relevanter Publikationen zu unserer numismatischen Sammlung finden Sie hier zum Download.

kontakt

Dr. des Hülya Vidin
Numismatik | Kuratorin
T + 49 (0) 511 9807 – 822
huelya.vidin@landesmuseum-hannover.de